
Geflüchtete Kinder in der Schule: Erste Tipps und Anlaufstellen für Lehrerinnen & Lehrer

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Viele Kinder und Jugendliche suchen u. a. in Deutschland Schutz vor Kriegen und Krisen in ihren Heimatländern. Sie kommen aus unterschiedlichen Regionen der Welt, darunter die Ukraine, Afghanistan, Syrien, dem Sudan oder Palästina. Oft haben sie traumatische Erlebnisse hinter sich und stehen vor der Herausforderung, sich in einem neuen Bildungssystem zurechtzufinden – meist ohne Deutschkenntnisse.
Hier möchten wir Ihnen einige Tipps aus unserer Social-Media-Community weitergeben, mit denen Sie den Kindern das Ankommen erleichtern können.
Bei vielen Lehrerinnen und Lehrern sind die Akkus leer
Infolge der Belastungen durch den Lehrkräftemangel, mangelnden Ressourcen für Integration und den Ausbau von Ganztagesunterricht sind viele Lehrerinnen und Lehrer an ihrem Limit angelangt und nicht selten darüber hinausgegangen.
Die große Anzahl geflüchteter Kinder mit mangelnden Sprachkenntnissen ist eine weitere Herausforderung. Der Wille, sie bestmöglich in der Schule willkommen zu heißen, ist sicher bei den Lehrerinnen und Lehrern vorhanden, doch die Akkus sind bei vielen leer.
Wichtig wären deshalb
- mehr Stellen für Schulpsychologen,
- eine durchdachte Strategie, um dem Lehrkräftemangel entgegenzuwirken,
- und v. a. mehr DaZ-Lehrkräfte.
- Auch eine möglichst unbürokratische Einbeziehung ukrainischer Lehrkräfte, könnte zur Verbesserung der Situation beitragen.
Tipps, mit denen Sie geflüchteten Kindern helfen, leichter in der Schule anzukommen
Da wir aber auf all diese Punkte keinen direkten Einfluss haben, hier ein paar Tipps, mit denen Sie geflüchteten Kindern das Ankommen erleichtern können:
Grundsätzlich ist es für die meisten Kinder hilfreich, wenn sie schnell wieder Struktur und einen verlässlichen Tagesablauf erhalten. Das gibt ihnen wieder etwas Sicherheit und Stabilität. Die Schule kann hier einen wichtigen Beitrag leisten.
1. Musik, Sport und kreatives Arbeiten verbindet auch ohne Sprachkenntnisse:
Gemeinsam singen, musizieren, basteln, werken oder kochen bringt die Kinder mit den deutschsprachigen Mitschülerinnen und Mitschülern in Kontakt.
Vielleicht gibt es auch Jugendzentren, Sport- oder Musikvereine, die Sie unterstützen können und Angebote für die neu ankommenden Kinder schaffen.
2. Tipps von erfahrenen DaZ-Kolleg/innen
DaZ-Lehrerin Barbara Reisacher gibt im Betzold-Blog regelmäßig Tipps und Anregungen für den Bereich Deutsch als Zweitsprache.
Für den Start können wir folgende Beiträge besonders empfehlen:
Damit die neuen Mitglieder der Sprachlerngruppe schnell zueinanderfinden, sind Kennenlernspiele ein Türöffner. Hier finden Sie Spiele, die sich besonders für den DaZ-Unterricht eignen:
Wie gestalte ich den Klassenraum möglichst sprachlernfördernd? Mit diesen Tipps erleichtern Sie neu ankommenden Kindern, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden und ihnen eine hilfreiche Struktur und Ordnung zu geben:
Im Gastbeitrag von Dipl. Psychologin Ines Wurbs zum Thema "13 Eingliederungstipps für geflüchtete Kinder in der Regelklasse" finden Sie praxisnahen Tipps und Hilfestellungen.
3. DaZ-Arbeitsmaterialien
Um eine erste Verständigung zu ermöglichen, können Ihnen z. B. diese Materialien helfen:
Angebot | Beschreibung | Anbieter |
Bilderwörterbuch (Deutsch-Ukrainisch, Deutsch-Arabisch) | Visuelle Unterstützung für den ersten Wortschatz | Tüftelakademie |
Willkommenshefte für den Anfangsunterricht mit Geflüchteten | Sammlung von kostenlosen Heften für die ersten Unterrichtsstunden mit Geflüchteten | wb-web |
Lehr- und Lernheft in verschiedenen Sprachen | Deutsch lernen mit Übersetzungen u.a. in Arabisch, Ukrainisch, Farsi, Türkisch | Flüchtlingshilfe München |
Willkommens-Materialien für DaZ/DaF | Umfangreiche Materialien für A1 bis C2 | ZUM Deutsch Lernen |
DaZ-Materialien | Unterrichtsmaterialien, auch für hybrides Lernen
|
OER-Plattform "WirLernenOnline" |
Sprachwörterbuch sowie ein Reim- und Synonymwörterbuch für die deutsche Sprache | Ressourcen zum Erlernen des Wortschatzes und Wissenswertes zur deutschen Grammatik | Sprachnudel.de |
Materialien für den Deutschunterricht in Seiteneinsteiger- und Willkommensklassen | Online-Übungen, kostenlose Kopiervorlagen und Arbeitsblätter und Tests für die Grundschule, Sekundarstufen I und II sowie für den Deutschunterricht an Beruflichen Schulen | Klett Sprachen |
4. Notfallkoffer
Sophie Schlotthauer, Initiatorin des Projekts Notfallkoffer, empfiehlt als akute emotionale Soforthilfemaßnahme, für Geflüchtete einen Notfallkoffer zu packen. Der Inhalt des Koffers besteht aus einfach zu beschaffenden Dingen, die Methoden stammen aus der Psychotherapie mit traumatisierten und depressiven Menschen. Richtig angeleitet, soll er helfen, Situationen, in denen Ängste und Panik überhandzunehmen drohen, abzuschwächen oder zu verhindern. Die Anleitung gibt es im Moment auf Russisch, Ukrainisch, Türkisch und Spanisch.
5. Buddy-System: Patenkinder zur Unterstützung
- Deutschsprachige Mitschülerinnen und Mitschüler als Buddys einsetzen, die neuen Kindern im Schulalltag helfen.
- Hilft beim Einleben in die Klassengemeinschaft und erleichtert die Orientierung im Schulalltag.
- Kann auch im Wechsel organisiert werden, sodass mehrere Schülerinnen und Schüler Verantwortung übernehmen.
6. Schultaschen sammeln
Diesen Tipp aus unserer Community fanden wir als Zeichen des Willkommens besonders schön: Bei Schulranzensammlungen können ausgediente Taschen abgegeben werden und ankommenden Kindern, evtl. gefüllt mit nützlichen Kleinigkeiten, gespendet werden.
Häufig gestellte Fragen und Antworten
Haben geflüchtete Kinder einen Anspruch auf den Schulbesuch?
Ja, in allen Bundesländern haben ausländische Kinder und Jugendliche das Recht, eine Schule zu besuchen.
Besteht für geflüchtete Kinder eine Schulpflicht?
Grundsätzlich sind auch geflüchtete Kinder ab sechs Jahren schulpflichtig. Ab wann diese Schulpflicht greift, ist in den Bundesländern nicht einheitlich geregelt. In Bayern und Thüringen setzt sie z. B. nach 3 Monaten ein, in Baden-Württemberg nach 6 Monaten. In anderen Bundesländern ist das Verlassen der Erstaufnahmeeinrichtung bzw. die Zuweisung zu einer Kommune relevant.
In der Regel erfolgt die Einschulung, sobald die Familie einer Kommune zugewiesen wurde. In einigen Erstaufnahmeeinrichtungen gibt es allerdings bereits schulische Angebote.
Wie werden die Kinder in die Schulen eingegliedert?
Es gibt verschiedene Modelle mit unterschiedlichen Bezeichnungen (Vorbereitungsklasse, Willkommensklasse, Sprachlernklasse, Deutschlerngruppe):
- Die Kinder lernen getrennt, bis die Deutschkenntnisse so gut sind, dass sie in Regelklassen wechseln können.
- Sie erhalten Deutschunterricht, werden aber in einigen Fächern gemeinsam mit den deutschsprachigen Kindern unterrichtet.
- Sie nehmen sofort am Regelunterricht teil. Bei nur wenigen Kindern ohne ausreichende Deutschkenntnisse kann diese Methode mit einer begleitenden Sprachförderung funktionieren. Ist der Anteil der geflüchteten Kinder aber hoch und gibt es keine begleitende, intensive Sprachförderung ist es sowohl für die Lehrkräfte wie auch die Kinder oft eine große Herausforderung. Mehr das im Beitrag "Sprachbad im Klassenzimmer: Wie Immersion den Spracherwerb an Schulen fördert".
Quellen:
- Mediendienst Integration: Arbeit und Bildung
- Bildungsserver Berlin-Brandenburg: Leitfaden zur Integration von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen in die Kindertagesförderung und die Schule
- Tagesschau.de: So bereiten sich Schulen auf Geflüchtete vor
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