Leseförderung mit Hund: Leselernhelfer auf vier Pfoten
Im Rahmen der tiergestützten Pädagogik unterstützen heute Vertreter verschiedener Tierarten – von Pferden bis Ratten – Pädagoginnen und Pädagogen bei ihrer Arbeit.
Dabei helfen sie den Kindern, pädagogische Zielsetzungen leichter umzusetzen und ihre sozialen, kognitiven und emotionalen Kompetenzen zu stärken.
Hunde als tierische Co-Pädagogen
An Schulen hat sich in den vergangenen Jahren dabei besonders der Hund als tierischer Co-Pädagoge hervorgetan. Zahlreiche Bücher über HuPäSch (Hundegestützte Pädagogik an Schulen) und Schulhunde belegen dies. Auf dem Portal Schulhundweb.de sind aktuell 612 Lehrerinnen und Lehrer mit unterschriebener Selbstverpflichtung registriert (Stand: 08.2. 2024). Die Zahl der „unvernetzten“ Schulhunde dürfte aber weit höher liegen.
Wenn Sie sich für die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen interessieren sowie für die Vorteile, die der Einsatz eines Schulhundes mit sich bringt, erhalten Sie im Blog-Beitrag „Ein Hund im Klassenzimmer“ sowie in unserer Beitragsreihe "Ausbildung und Arbeit mit dem Schulhund" zahlreiche Informationen.
Bei den Hunden, die sich nun immer häufiger in Klassenzimmern einfinden, handelt es sich um Schulbegleit- und Schulbesuchshunde. Während erstere ihre im Schuldienst stehenden Frauchen und Herrchen regelmäßig in deren Klassen begleiten, handelt es sich bei letzteren meist um sporadische Besucher, die von ihren in der Regel externen Haltern begleitet werden.
Leseförderung mit Hund
Bei einem Hund, der zur Leseförderung von Schülerinnen und Schülern eingesetzt wird, kann es sich um einen Schulbegleithund handeln, der z. B. während des Deutschunterrichts in diese Rolle schlüpft.
Oft sind es aber Hunde, die nur für ihren Einsatz als Leselernhelfer in die Klasse kommen. Ihre Halter ermöglichen den Besuch der Hunde in der Schule meist ehrenamtlich und im Rahmen von Projekten zur Leseförderung mit Hund.
In der Schule unterstützen die Hunde v. a. Kinder, die sich mit dem Lesen besonders schwer tun, deren Muttersprache vielleicht auch nicht Deutsch ist oder keine Lesemotivation haben.
Die gemeinsame Vorlesezeit
Für die gemeinsame Vorlesezeit wird eine passende Lektüre ausgewählt, die dem Lesevermögen der Kinder entspricht.
Bevor es losgeht haben die Kinder Zeit, die Hunde zu begrüßen – beim ersten Treffen sollte diese Phase natürlich etwas länger sein, sodass die Kinder auch Fragen stellen und sich mit ihrem neuen Lesekumpel anfreunden können. Während die Schülerinnen und Schüler vorlesen, liegen die Hunde ruhig und entspannt in ihrer Nähe.
Die Kinder dürfen die Hunde währenddessen auch streicheln, natürlich nur, wenn sie das möchten. Ob der Hund dabei tatsächlich aufmerksam ist oder etwas döst, ist dabei gar nicht so wichtig.
Auch der Hundehalter befindet sich in der Nähe und kann, falls nötig, kleine Impulse geben und Fragen beantworten. Er greift dabei aber so wenig wie möglich ein.
Meist treffen sich Kind und Hund einmal pro Woche für eine Vorleseeinheit von etwa 15 Minuten.
Welche Vorteile verspricht die Leseförderung mit Hund?
Die Aufgabe des Hundes ist es, den Schülerinnen und Schülern die Angst und Hemmung vor dem Lesen zu nehmen, ihr Selbstvertrauen zu stärken und sie zum Lesen zu motivieren. Denn nur, wer sich im Lesen regelmäßig übt, kann sich verbessern.
Ein tierischer Zuhörer bringt dabei gegenüber dem Mensch einige nützliche Eigenschaften mit:
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Ein Hund kritisiert nie:
Zu wissen, dass der Hund nie über Fehler lacht, die Leseleistung bewertet oder schon ein vorgefertigtes Urteil hat, nimmt den Schülerinnen und Schülern die Angst vor dem Lesen und lässt sie ganz unbefangen und laut vorlesen.
Davon profitieren besonders Kinder, die im Unterricht eher schüchtern und zurückhaltend sind. Mit der Zeit entwickeln die Kinder in Lesesituationen immer mehr Selbstbewusstsein, auf das sie dann auch ohne Hund zurückgreifen können. -
Ein Hund unterbricht das Lesen nicht:
Über kleinere Fehler sieht ein Hund großmütig hinweg – dadurch bleiben die Schülerinnen und Schüler im Lesefluss und werden durch Verbesserungen nicht ständig herausgerissen.
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Ein Hund motiviert zum Lesen:
Da es in der Vorlesezeit mit dem Hund praktisch keine Misserfolge gibt, entwickeln Kinder, die sonst wenig Freude am Lesen haben (was ja oft auch mit einer mangelnden Lesekompetenz verbunden ist), leichter Spaß an Büchern und sind motiviert bei der Sache – schließlich wollen sie ihren Zuhörer beim nächsten Mal mit neuen Geschichten und verbesserten Lesefähigkeiten überraschen. Der Hund ist sozusagen ein positiver Verstärker, der das Lesen wieder mit schönen Eindrücken und Erfolgserlebnissen verknüpft.
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Ein Hund entspannt die Vorlesesituation:
Beim Vorlesen können die Kinder den Hund streicheln und seine Nähe spüren, was die Situation zusätzlich entspannt. Ohne Anspannung und Stress fällt es den Schülerinnen und Schülern viel leichter, flüssig zu lesen. Die positive Wirkung von Haustieren gegen Stress ist inzwischen wissenschaftlich nachgewiesen.
Welche Hunde sind geeignet?
Ob ein Hund als „Leselernhund“ geeignet ist, ist weniger von der Rasse als von den individuellen Charaktereigenschaften abhängig. Daneben ist Training ein wichtiger Aspekt: Die Hunde müssen gelernt haben, sich zu entspannen und nicht immer an der Reihe zu sein. Frustrationstoleranz und eine gute Impulskontrolle sind wichtig. Sie sollten z. B. wesensfest, menschenbezogen, freundlich, kindergewöhnt, gelassen und natürlich gute Zuhörer sein :)
Laute Geräusche und schnelle Bewegungen sollten den Hunden nichts ausmachen.
Erwachsene Hunde, die die oft anstrengende Zeit der Pubertät bereits hinter sich haben, eignen sich oft besser als Junghunde.
Nur wenn auch der Hund mit Freude bei der Sache ist und die Vorlesestunden für ihn nicht mit Stress verbunden sind, kann die Leseförderung mit Hund erfolgreich sein.
Als Hundehalter sollten Sie eine gute Bindung zu Ihrem Tier haben und in der Lage sein, zu erkennen, falls es dem Hund in einer Situation doch zu viel wird, er Stress hat und eine Pause benötigt. Nach der Vorlesezeit benötigen die Hunde als Ausgleich Bewegung und Beschäftigung.
Gibt es eine Ausbildung?
Wie für Schulhunde im Allgemeinen gibt es auch für Hunde, die zur Leseförderung eingesetzt werden, noch keine verpflichtende festgeschriebene Ausbildung.
Viele haben jedoch einen Wesenstest und eine Therapiehundeausbildung absolviert. Hier wird mit den Hunden u. a. geübt, souverän, ruhig und gelassen auf die verschiedensten Situationen und Menschen zu reagieren.
Wie Ihr Hund, können auch Sie sich weiterbilden. Sinnvoll sind Fortbildungen zur hunde- bzw. tiergestützen Pädagogik.
Es existiert jedoch auch die Möglichkeit einer speziellen Ausbildung als „Lesehund“: Auf der Basis von Erfahrungen aus den USA, wo Hunde schon länger zur Leseförderung eingesetzt werden, gründete Kimberly Ann Grobholz das ehrenamtliche „Lesehund-Projekt“ in München. Der Verein bietet regelmäßig Workshops an, in denen sich Mensch-Hund-Teams weiterbilden können.
Für alle, die sich erst mal in das Thema einlesen möchten, bieten z. B. folgende Bücher und Artikel hilfreiche Informationen:
- Heyer, Meike; Beetz, Andrea M: Leseförderung mit Hund. Grundlagen und Praxis, erschienen im Ernst Reinhardt Verlag, 2014.
- Heyer, Meike; Beetz, Andrea M.: Grundlagen und Effekte einer hundegestützten Leseförderung, erschienen in: Empirische Sonderpädagogik 6 (2014) 2, S. 172 – 187.
- Grobholz, Kimberly Ann: Tammy erzählt … mein Leben als Lesehund, erschienen bei Grin Publishing, 2012.
- Grünig, Christina: Hundgestützte Sprach- und Leseförderung, erschienen im Kohl Verlag, 2015.
Was ist vor dem Besuch des Hundes in der Schule zu beachten?
Bevor Ihr Hund die Schülerinnen und Schüler beim Lesen unterstützen darf, müssen Sie als Lehrerinnen und Lehrer einige Punkte abhaken:
- Sie haben eine Hundehalter-Haftpflichtversicherung abgeschlossen.
- Der Hund ist gesund, geimpft und wird regelmäßig entwurmt (bzw. auf Wurmbefall getestet).
- Die Erlaubnis der Schulleitung liegt vor.
- Die Details der Besuche mit Hund sind abklärt (wie häufig, wie lange, welche Schülerinnen und Schüler, wie viele …).
- Eltern sind informiert, ihre Zustimmung wurde einholt und es wurde in Erfahrung gebracht, dass bei den Schülerinnen und Schülern keine Allergien oder starke Hundephobien bestehen.
Nicht nur Hunde eignen sich als Leselernhelfer
Inspiriert durch das Programm „Book Buddies“ der „Animal Rescue League“ in Pennsylvania ermöglichen inzwischen auch verschiedene Tierheime, dass Kinder den dort auf eine neues Zuhause wartenden Katzen Geschichten vorlesen.
Diese Projekte haben einen doppelten Vorteil: Die Katzen helfen den Kindern, als gute Zuhörer ihre Lesekompetenz zu verbessern, während die Kinder es ihnen mit Streicheleinheiten danken und Abwechslung in den Tierheimalltag bringen.
Angeboten wird diese Möglichkeit u.a. beim Tierheim Berlin, dem Tierschutzverein Gifhorn und Umgebung e.V., dem Tierschutzverein München e.V. oder dem Verein Tierheim Landkreis Marburg-Biedenkopf e. V.
Wenn Sie Interesse haben, erkundigen Sie sich einfach bei einem Tierheim in Ihrer Nähe, ob ein solches Angebot besteht. Auch „Katzenstreichler“ werden vielerorts gesucht und wenn dabei auch noch vorgelesen wird, kann das sicher nicht schaden :)
Weitere Informationen zu den Rahmenbedingungen erhalten Sie auch im Beitrag zum Thema Schulhunde:
Ferdinand-Porsche-Str. 6
73479 Ellwangen
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