Lehrverhaltenstraining: Microteaching
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Microteaching ist in der Lehreraus- und -fortbildung sozusagen ein alter Hut: Das Lehrverhaltenstraining wurde bereits in den frühen 1960er Jahren an der Universität Stanford entwickelt.
Seither befassten sich zahlreiche Studien mit Microteaching und bescheinigten dem Training eine positive Wirkung. Doch sehr verbreitet war es dennoch nicht. Wie sieht es heute aus? Und welche Vorteile hat Microteaching für den Unterricht?
Die Hattie Studie bringt Microteaching wieder ins Gespräch
In Folge der nach wie vor viel diskutierten Hattie-Studie ist Microteaching nun aber wieder in aller Munde.
In dieser Auswertung einer immensen Anzahl englischsprachiger Meta-Studien zum schulischen Lernerfolg in Bezug auf deren Effektstärke, führt John Hattie Microteaching nämlich als einen wirkungsvollen Einflussfaktor auf den Lernerfolg von Schülern auf.
Da für Hattie Lehrerinnen und Lehrer das entscheidende Element für das Gelingen von Lernprozessen sind, ist es nicht überraschend, dass er Lehrerfortbildungen eine große Bedeutung beimisst. Seine Auswertung zeigt aber auch: Lehrerfortbildung ist nicht gleich Lehrerfortbildung!
Vorträge, Diskussionen, Exkursionen oder Rollenspiele haben beispielsweise einen geringeren Effekt als praktische Übungen, Video- und Audiofeedbacks und eben Microteaching. Ein bedeutender Faktor ist die Dauer des Trainings: Ein- oder zweitägige Veranstaltungen wirken sich nur wenig auf das Lehrverhalten aus.
Was bedeutet Microteaching?
Micorteaching ist eine spezifische Methode zur Ausbildung von Lehrkräften. Dabei werden kurze Unterrichtsequenzen geplant und vor einer meist kleinen Gruppe von Lernenden (Schüler bzw. Studien- oder Lehrerkolleginnen und -kollegen) erprobt.
Zuvor erfolgt eine Vermittlung von theoretischem Hintergrundwissen, Unterrichtsmethoden und spezifischen Verhaltensweisen entsprechend der Teilfertigkeiten, auf die in der anschließenden Unterrichtssequenz ein besonderes Augenmerk gelegt werden soll (z. B. positive Verstärkung, Fragetechniken, Moderation von Unterrichtsdiskussionen, Präsentationstechniken, nonverbale Kommunikation …).
Die Methode wurde im Lauf der Zeit immer wieder ergänzt und verändert. Eine der bedeutendsten Erweiterungen stellte die Möglichkeit dar, die Vortragenden zu filmen. Seit Kameras und Funkmikrofone in guter Qualität zu akzeptablen Preisen zu erhalten sind, ist Microteaching in Kombination mit einer Videoanalyse nicht nur für die Forschung, sondern auch für die Lehrerausbildung und -fortbildung interessant geworden.
Im Anschluss an eine Unterrichtseinheit können positive und negative Aspekte des Unterrichts mithilfe der Videoaufzeichnung detailliert besprochen werden. Dadurch sind nicht nur die Ausbilder und die Lerngruppe in der Lage das Lehrverhalten zu beurteilen und ein Feedback zu geben, sondern auch der Vortragende selbst.
Durch Selbstreflexion und die Gruppenbeurteilung kann der Unterricht verbessert, neu geplant und Handlungsalternativen getestet werden.
Positive Aspekte von Microteaching
Sich selbst durch die Augen einer Videokamera zu sehen ist anfangs für so ziemlich jeden etwas eigenartig. Besonders wenn die eigene Leistung beurteilt und mögliche Fehler auf Video gebannt werden. Sind die Hemmungen besonders groß, kann es helfen, sich erstmal für sich selbst mit dem eigenen Smartphone aufzunehmen. So gewöhnt man sich langsam an das eigene Bild.
Mit der Zeit wird die Lerngruppe miteinander vertrauter und die Überwindung zahlt sich aus: Das Befremdliche der Situation nimmt immer mehr ab und die positiven Wirkungen des Microteachings werden deutlich:
Die durch die Videoanalyse ermöglichte Sicht auf sich selbst führt auch Handlungen vor Augen, die zwar unbewusst ausgeführt, von den Schülern jedoch schnell registriert werden.
Wie wirkt z. B.
- meine Bewegung im Raum,
- die Mimik und Gestik,
- wirke ich sicher,
- wie schnell spreche ich,
- habe ich einen Hang zu bestimmten Füllwörtern
- oder neige ich zu vage formulierten Fragen?
Hören Sie die Antworten auf diese Fragen nur von einem außenstehenden Betrachter – und sei er noch so qualifiziert – hat es nicht dieselbe Wirkung, wie ein Blick auf das bewegte Bild von sich selbst.
Spannend sind auch die Aktionen und Reaktionen der Lerngruppe:
- Wie entstehen Unterrichtsstörungen?
- Greife ich zum richtigen Zeitpunkt ein?
- Habe ich die Klasse gut im Blick?
- Verstehen die Schüler den Vortrag?
- Wie reagieren sie auf mein Lehrverhalten?
- Sind sie aufmerksam?
Weitere Vorteile von Microteaching
- Stärken und Schwächen der Lehrenden werden deutlich.
- Schwierige Situationen können in einem geschützten Rahmen erprobt werden.
- In realen Unterrichtssituationen kann durch die Übung souverän und selbstbewusst reagiert werden.
- Mehr Praxis im Lehramtsstudium.
- Man lernt den eigenen Unterricht anderen zu öffnen, von konstruktiver Kritik zu profitieren und den Rat von Kolleginnen und Kollegen anzunehmen.
- Durch das Feedback und die Videoanalyse kann das eigene Lehrverhalten besser eingeschätzt werden.
- Verbale und nonverbale Verhaltensmuster werden bewusst gemacht und können positiv verändert werden.
- Das Feedback zeigt neue Lehrfertigkeiten auf, die ins eigene Verhaltensrepertoire aufgenommen werden können.
- Fortschritte in der Kompetenzentwicklung werden sichtbar.
- Das Lehrverhalten wird nachhaltig positiv beeinflusst.
In den USA und der Schweiz ist Microteaching in Kombination mit einer Videoanalyse bereits etablierter als in Deutschland. Immer mehr Pädagogische Hochschulen und Universitäten ziehen allerdings auch Hierzulande nach und bieten Microteaching-Seminare an.
Quellen:
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