Lehrerleben: Berufskrankheit „Immer müde“
Für Lehrerinnen und Lehrer zählt Müdigkeit sozusagen zu den Berufsrisiken. Besonders am Anfang, im Referendariat und den ersten Jahren im Beruf, sind viele „Dauermüde“.
Bei der Frage, wie müde Lehrerinnen und Lehrer wirklich sind, lassen wir Betroffene selbst zu Wort kommen und im Anschluss haben wir noch ein paar Tipps parat, damit die Müdigkeit nicht Oberhand gewinnt.
Müdigkeit bei Lehrerinnen und Lehrern:
Den subjektiven Eindruck der dauermüden Lehrkräfte bestätigte 2017 eine Umfrage, die im Auftrag der DAK-Gesundheit durchgeführt wurde:
34% der befragten rund 1900 Grundschullehrkräfte gaben im Rahmen der Studie an, tagsüber häufig unter starker Müdigkeit zu leiden. Gründe sahen sie in der teilweise mangelhaften Lärmsituation, den fehlenden Erholungspausen und Disziplinproblemen mit Schülern.
Auch wir haben kurz vor den Weihnachtsferien eine – etwas weniger ernste – Umfrage auf Instagram und Facebook durchgeführt und darum gebeten, den folgenden Satz zu vervollständigen:
Ich bin so müde, dass ich …
… befürchte, dass zwei Wochen Ferien nicht ausreichen werden …
... zwei Stunden zu früh auf der Arbeit war.
… beim Lesen mit dem Buch in der Hand eingeschlafen bin.
… nicht merkte, dass ich meine Hose im Schlaf auszog.
... im Schulgottesdienst hart mit mir kämpfen musste, dass meine Augen wenigstens einen Spalt breit aufbleiben. Mitsingen ging wegen Dauergähnens auch kaum.
… schon um 20 Uhr im Bett war.
… beim Handballtraining in der Abwehr bei den langen Hinweisen des Trainers im Stehen eingeschlafen bin.
… noch die Brille aufhatte, als ich mir das Gesicht waschen wollte, mein Handy im Kühlschrank geparkt und die Butter mit ins Bad genommen habe.
… beim Telefonieren eingeschlafen bin.
... bei meiner Nachmittags-Siesta weder den Postboten habe klingeln hören, noch zwei Tassen Kaffee vorher irgendetwas genützt hätten!
Und wer selbst nicht müde war, kannte zumindest einen Kollegen:
"Mein Kollege war so müde, dass er auf dem Weg zur Schule statt seines Fahrradhelms seine Kopflampe aufgesetzt hat. Es war schon hell :-D"
Warum sind Lehrerinnen und Lehrer häufig so müde?
Neben den in der oben genannten Studie erwähnten Gründe der Belastung durch Lärm, mangelnde Erholungspausen und Disziplinproblemen mit Schülern, die Lehrkräfte belasten, dürften auch diese Faktoren eine Rolle spielen:
-
Flexible Arbeitszeiten:
Auf der einen Seite toll, auf der anderen Seite können sie dazu führen, dass man bis spät in der Nacht an Unterrichtsvorbereitungen oder Korrekturen sitzt – ganz zu schweigen von den Wochenenden …
Nach Angaben eines durch das niedersächsische Kultusministerium herausgegebenen Berichts von 2018 arbeiten „zwischen 65% und 76% aller Lehrkräfte (je nach Schulform) an mindestens 80% aller Wo-chenenden. Zwischen 49% und 62% aller Lehrkräfte an 80% aller Sonntage.“ -
Schwierigkeiten abzuschalten:
Da die Arbeit für die Schule bei vielen Lehrkräften auch zuhause stattfindet, fehlt eine räumliche Trennung. So vermischen sich Arbeit und Freizeit leicht und es fällt schwer, wirklich abzuschalten. Die meisten kennen das Problem, abends einzuschlafen, weil noch Gedanken an die Schule im Kopf sind. -
Aller Anfang ist müde …
Die Umstellung von Studium auf die Anforderungen des Referendariats erleben viele als äußerst anstrengend. Obwohl die Stundenzahl noch nicht so hoch ist wie später, prasselt nun ungeheuer viel Neues auf die Referendarinnen und Referendare ein. Und zu Beginn benötigt man für diese neuen Aufgaben viel mehr Zeit. Der Fundus an Materialien, auf die man zurückgreifen kann, ist noch klein und Übung und Routine fehlen. Mit der Zeit wird es besser :)
Tipps gegen Müdigkeit
Der effektivste Tipp wäre natürlich „Ausreichend schlafen“, worauf Sie wahrscheinlich etwas in der Art wie „Können vor Lachen“ erwidern würden …
Vielleicht hilft aber der ein oder andere dieser Tipps ein bisschen weiter:
1. Vorurteil befriedigen und Mittagsschlaf halten
Dass Lehrerinnen und Lehrer aufgrund ihres „Halbtagsjobs“ immer Zeit für Mittagsschläfchen haben, ist ein gängiges Vorurteil. Wenn Sie die Möglichkeit haben, sollten Sie es bestätigen! Die meisten haben je nach Aufstehzeit einen Leistungsknick am frühen Nachmittag.Wenn Sie die Müdigkeit heranrollen spüren, sollten Sie ihr nachgeben. Das geht auch sehr gut im Sitzen (ist sogar noch besser, da so die Gefahr niedriger ist, tief einzuschlafen).
Um nicht in die Tiefschlafphase zu kommen, hilft auch ein Wecker, den Sie auf 10 bis 30 Minuten stellen.
2. Am Zeitmanagement arbeiten
Ein gutes Zeitmanagement ist im Lehrerberuf das A und O. Je mehr freie Zeit, umso mehr Zeit zu schlafen :)Um es zu verbessern, ist es hilfreich, zu wissen, was besonders viel Zeit frisst und wie man die Arbeit optimieren kann. Eine Auflistung der Top 10 Zeitfresser im Lehrerberuf finden Sie hier.
3. Auszeiten gönnen
Egal, ob Sie lieber eine halbe Stunde morgens Yogaübungen durchführen, sich mittags mit Freunden treffen oder sich abends mit einem guten Buch zurückziehen (oder alles zusammen) – gönnen Sie sich Pausen und Auszeiten vom stressigen Alltag.4. Frische Luft, eine ausgewogene Ernährung und Bewegung
Klar, das sind Standardweisheiten zum Thema Müdigkeit, aber deswegen nicht weniger wahr. Wer sich viel bewegt, am besten draußen an der frischen Luft, baut Stress ab und erhöht seine Chancen auf einen erholsamen Schlaf. Kurzfristig können auch ein paar Dehnübungen bei geöffnetem Fenster helfen. Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Ballaststoffen gibt Energie für den Tag.5. Schlafhygiene
Ein erholsamer Schlaf und leichteres Einschlafen sind auch von äußeren Faktoren abhängig, die Sie leicht beeinflussen können:- Entfernen Sie störende Lichtquellen, wie Digitalanzeigen von Weckern und dunkeln Sie den Raum so gut wie möglich gegen Licht von außen ab.
- Auch Geräusche können den Schlaf stören. Das Smartphone sollte also draußen bleiben – bei schnarchenden Lebensgefährten sollte man vielleicht nachsichtiger sein … hier helfen Ohrstöpsel.
- Direkt vor dem Schlafengehen sollten Sie ein Buch dem Fernseher oder Smartphone vorziehen.
- Gehen Sie am besten zu ähnlichen Zeiten ins Bett und stehen Sie zu ähnlichen Zeiten auf, damit sich ihr biologischer Rhythmus gut darauf einstellen kann.
- Auch Alkohol ist der Schlafqualität nicht zuträglich.
Arztbesuch bei anhaltender Müdigkeit und Erschöpfung
Wenn Sie sich dauerhaft müde, ausgelaugt und erschöpft fühlen, sollten Sie einen Arzt aufsuchen und sich durchchecken lassen. Vielleicht sind körperliche oder psychische Probleme, wie z. B. ein Eisenmangel oder das unter Lehrkräften verbreitete Burnout-Syndrom, dafür verantwortlich. Mit dem Wissen um die Ursache können Sie dann gezielt agieren.
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