Quereinsteiger im Lehrerberuf: Die Zahl der Seiteneinsteiger wächst
Das erfahren Sie in diesem Beitrag
- Unter welchen Umständen ist ein Seiteneinstieg ins Lehramt möglich?
- Die steigende Zahl der Seiten- und Quereinsteiger gibt auch zu denken
- Was ist der Unterschied zwischen Quer- und Seiteneinstieg?
- Welche Herausforderungen müssen Quereinsteiger meistern?
- Welche Qualifikationen sind gesucht?
- Wie sieht die Weiterqualifizierung zur Lehrkraft aus?
- Ist der Wechsel ins Lehramt das Richtige für mich?
- Info: Gründe für den Lehrermangel
Unter welchen Umständen ist ein Seiteneinstieg ins Lehramt möglich?
Spielen Sie gerade mit dem Gedanken, als Seiten- bzw. Quereinsteiger in den Lehrerberuf zu wechseln? Dann haben Sie gute Chancen: In vielen Bundeländern sind Lehrerinnen und Lehrer „Mangelware“.
Damit der Unterricht planmäßig stattfinden kann, werden deshalb in beinahe allen Bundesländern auch Personen ohne ein abgeschlossenes Lehramtsstudium eingestellt, die jedoch über gute Qualifikationen in den gesuchten Fachbereichen verfügen.
Besonders gefragt sind Fachkräfte mit Qualifikationen, die an technisch ausgerichteten Berufsschulen sowie Sonder- und Förderschulen gesucht werden. Außerdem in den Mangelfächern Mathematik, Physik, Technik, Informatik, Kunst und Musik. Inzwischen können auch Grundschulen in einigen Bundesländern den Bedarf an Lehrkräften kaum noch decken.
Eine von Klaus Klemm verfasste und durch die Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlichte Studie ergab, dass im Schuljahr 2017/2018 12,7% der Berufseinsteiger Seiten- oder Quereinsteiger waren. Jedoch sind die Unterschiede zwischen den Bundesländern groß: Während z.B. im Saarland nur Lehrerinnen und Lehrer mit Lehramtsstudium und abgeschlossenem Vorbereitungsdienst eingestellt wurden, lag die Seiten- bzw. Quereinsteigerquote in Berlin bei 41,5% und in Sachsen sogar bei 46,6%. Eine Ende des Lehrermangels ist auch in den kommenden Jahren nicht abzusehen.
Die steigende Zahl der Seiten- und Quereinsteiger gibt auch zu denken
Für alle Wechselwilligen ist das eine positive Ausgangslage. Die Option, nicht pädagogisch ausgebildete Personen in den Schuldienst zu holen, sollte aber eigentlich nur als Notlösung greifen, ist vielerorts inzwischen jedoch zur Dauerlösung geworden.
Das sehen besonders Lehrerverbände und -gewerkschaften kritisch. Zweifellos gibt es Seiteneinsteiger, die die Persönlichkeit und das pädagogische Geschick mitbringen, sodass sie ihren Schülern von Beginn an einen motivierenden und fachlich fundierten Unterricht bieten können. Und natürlich gibt es andererseits auch ausgebildete Lehrkräfte, die das nach Jahren nicht schaffen.
Dennoch sind die Bedenken verständlich: Erfolgt die pädagogische und didaktische Ausbildung berufsbegleitend, fehlen diese Qualifikationen zu Beginn der Lehrtätigkeit einfach. Eine schwierige Situation für Sie als Neulehrerinnen und -lehrer, die sich u. U. auch auf die Qualität des Unterrichts auswirken kann. Und Unterrichten ist in den letzten Jahren nicht einfacher geworden. Es fehlen vielerorts die oft geforderten multiprofessionellen Teams, die eine individuelle Förderung der inzwischen sehr heterogen zusammengesetzten Schülergruppen ermöglichen sollen.
Für den Verband Bildung und Erziehung (VBE) sowie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) stellt sich diese Entwicklung (News4teachers 6. September 2016 und 5. April 2017), zudem kritisch dar, da sie mit einer Mehrbelastung der Lehrerkollegien einhergeht, die Mentoren-Programme und die Betreuung der Quereinsteiger zusätzlich stemmen müssen.
Der VBE spricht sich deshalb für eine zumindest halbjährige Intensivausbildung aus, die vor dem eigenständigen Unterrichten vorausgehen soll sowie eine darauf folgende Weiterqualifizierung.
Diesen Bedenken stehen aber durchaus auch positive Aspekte gegenüber: Seiten- und Quereinsteiger bringen andere Blickwinkel, neue Ausrichtungen, inspirierende Ideen und Motivation mit in die Schule, die den Unterricht überaus bereichern können.
Was ist der Unterschied zwischen Quer- und Seiteneinstieg?
Häufig werden die beiden Bezeichnungen synonym verwendet.
In einigen Bundesländern, wie Rheinland-Pfalz, stehen Seiten- und Quereinstieg jedoch für zwei unterschiedliche Modelle: Als Quereinsteiger gelten diejenigen, die ein vorgelagertes Referendariat ableisten. Mit abgeschlossenem Referendariat ist in vielen Bundesländern eine Verbeamtung möglich.
Der Begriff „Seiteneinstieg“ steht für einen direkten Einstieg in den Schuldienst. Eine pädagogische Zusatzausbildung erfolgt berufsbegleitend. Wird die Ausbildung mit dem 2. Staatsexamen beendet, ist auch auf diesem Weg die Möglichkeit einer Verbeamtung gegeben.
Wie es in Ihrem Bundesland aussieht, erfahren Sie in der Regel über das für Schule und Bildung zuständige Ministerium.
Welche Herausforderungen müssen Quereinsteiger meistern?
Als Seiten- bzw. Quereinsteiger in den Lehrerberuf werden Sie mit zahlreichen neuen Anforderungen konfrontiert.
Der Umgang mit Schülern ist nicht immer einfach:
- Sie müssen sich darauf einstellen, täglich mit den verschiedensten Unterrichtsstörungen konfrontiert zu werden. Schon ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern fällt es nicht immer leicht, mit diesen immer adäquat umzugehen.
- Auch sind in den Klassen Schüler mit ganz unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen. Alle entsprechend ihren Möglichkeiten ideal zu fördern ist keine leichte Aufgabe.
- Nicht immer begegnen Schüler Ihren Lehrerinnen und Lehrern mit Respekt, diesen müssen Sie sich u. U. erst durch entsprechendes Auftreten erarbeiten. Für Schüler ist besonders ein gerechter Umgang miteinander wichtig für ein gutes Verhältnis.
Oft kein leichter Stand bei den Kolleginnen und Kollegen:
Natürlich trifft das nicht auf alle zu, aber es gibt Lehrerinnen und Lehrer, die aus den verschiedensten Gründen Vorbehalte gegenüber Quer- und Seiteneinsteigern haben. Leider treffen Sie diese Ressentiments, da Sie vor Ort eben viel besser greifbar sind, als diejenigen, die das Problem des Lehrermangels durch eine versäumte Steuerung und Planung mit verursacht haben.
Das sind einige der Vorwürfe:
- Ungerecht, dass Seiteneinsteiger teilweise mit vollem Gehalt einsteigen
- Abwertung der Lehrerausbildung
- Mehrbelastung durch die Betreuung von Quereinsteigern
- Zweifel an der Kompetenz und Befürchtung, dass die Qualität des Unterrichts leidet
Aus diesen und weiteren Gründen müssen sich Quereinsteiger die Akzeptanz im Kollegium manchmal hart erarbeiten. Mit Engagement für Schüler und Schule können Sie aber bei den meisten Kolleginnen und Kollegen punkten :)
Unterrichten:
Selbst wenn Sie bereits an der Universität Erfahrung mit einer Lehrtätigkeit sammeln konnten, ist der Unterricht in der Schule doch etwas komplett anderes.
- Ein Unterricht im Vorlesungsstil funktioniert an der Schule nicht. Eine der wichtigsten Fähigkeiten, in der Sie sich schulen sollten, ist die Kunst der didaktischen Reduktion – und das fällt gerade vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unglaublich schwer ;-)
- Gerade wenn Sie die Ausbildung berufsbegleitend besuchen, ist es nicht immer einfach: Sie sind in Bezug auf das pädagogische, methodische und didaktische Wissen noch nicht auf demselben Kenntnisstand, wie grundständig ausgebildete Kolleginnen und Kollegen.
Ein motivierendes Beispiel, das zeigt, aller Anfang ist zwar schwer, doch wer am Ball bleibt, dem gelingt ein guter Unterricht mit zielgerichtetem Medieneinsatz oder gut getimten Methodenwechsel allemal: Berliner Zeitung (4. April 2017).
Doppelbelastung:
Findet die pädagogische Ausbildung bzw. das Referendariat berufsbegleitend statt, ist diese Doppelbelastung nicht zu unterschätzen. Besonders zu Beginn ist die Vorbereitungszeit für Unterrichtsstunden hoch und kommt noch zu den Stunden hinzu, die Sie mit der Ausbildung und dem Unterrichten beschäftigt.
Welche Qualifikationen sind gesucht?
Was gerade gesucht wird, ändert sich teilweise von Schuljahr zu Schuljahr und unterscheidet sich auch von Bundesland zu Bundesland. Eine gute Übersicht über die aktuellen Mangelfächer in den verschiedenen Bundesländern gibt die Seite „Lehrer werden. Das Portal des Deutschen Bildungsservers zur Lehrerausbildung“.
Oder Sie wenden sich direkt an das in Ihrem Bundesland zuständige Ministerium für Bildung, Kultur bzw. Schule.
In den meisten Bundesländern ist ein universitärer Diplom- bzw. Master-Abschluss in einer gesuchten Fachrichtung oder ein dem gleichwertiger Abschluss an einer Fachhochschule Voraussetzung für einen Wechsel. Der Abschluss wird als 1. Staatsexamen oder zumindest als Teilleistung dafür anerkannt. Prüfen Sie die aktuellen formalen Voraussetzungen, die in Ihrem Bundesland gültig sind. Diese Informationen erhalten Sie ebenfalls beim zuständigen Ministerium.
Wie sieht die Weiterqualifizierung zur Lehrkraft aus?
Auch das ist vom Bundesland abhängig. In manchen Bundesländern gibt es die Möglichkeit, vorab den Vorbereitungsdienst, das Referendariat, zu absolvieren und dann wie jeder Referendar mit absolviertem 2. Staatsexamen in die Lehrtätigkeit zu starten. Das Referendariat dauert 18 bis 24 Monate.
Da der Bedarf an Lehrkräften aber häufig sehr akut ist oder Interessenten nicht mit dem geringen Gehalt für Referendare auskommen, erfolgt die Zusatzausbildung in vielen Bundesländern berufsbegleitend.
Auch hier gibt es wieder zwei mögliche Wege: Handelt es sich bei der berufsbegleitend absolvierten Ausbildung um ein Referendariat, steht auch hier am Ende der Ausbildungsphase das 2. Staatsexamen und danach eine Einstellung zu denselben Konditionen wie Lehrkräfte mit einer grundständigen Lehrerausbildung.
In einigen Bundesländern ist ein Referendariat nicht zwingend nötig. Möglicherweise ergeben sich durch das fehlende Staatexamen jedoch Nachteile gegenüber Ihren Kolleginnen und Kollegen. So ist eine Verbeamtung in diesem Fall in der Regel nicht möglich.
Wichtig: Da sich die Bestimmungen in den Bundesländern stark unterscheiden, sollten Sie sich vorab darüber im Klaren sein, wo Sie als Lehrerin bzw. Lehrer arbeiten möchten.
Ist der Wechsel ins Lehramt das Richtige für mich?
Wenn Sie derzeit mit dem Gedanken spielen, künftig Schüler zu unterrichten, haben Sie sicher Ihre Gründe.
Vielleicht haben Sie erst nach dem Studium und einiger Zeit im Beruf festgestellt, dass Sie sich weniger im Labor wohlfühlen als in Situationen, in denen Sie Ihr Wissen weitervermitteln können.
Der Lehrerberuf bringt natürlich einige Vorteile mit sich, die auch bei vielen eine Rolle in der Entscheidungsfindung spielen: Der Beruf bietet Sicherheit und familienfreundliche Arbeitszeiten. In vielen Bundesländern ist auch für Quereinsteiger mit nachgeholtem 2. Staatsexamen eine Verbeamtung möglich. Gerade für junge Akademiker, die sich von einem befristeten Vertrag zum nächsten hangeln oder gerade keine feste Anstellung haben, ein schlagendes Argument.
Dabei müssen Sie sich aber im Klaren sein, dass der Beruf auch sehr fordernd ist. Freude an der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie am Unterrichten sind die Grundvoraussetzungen für einen gelungenen Wechsel.
Dazu kommen Klausurkorrekturen, Konferenzen, Elternarbeit, die Auseinandersetzung mit dem Schulrecht und die Herausforderungen, die Integration und Inklusion mit sich bringen – um nur einige Punkte zu nennen.
Sehr zu empfehlen sind Hospitationsstunden, bei denen Sie dem Unterricht von erfahrenen Lehrerinnen und Lehrern beiwohnen. Denn der Unterricht hat sich in den letzten Jahren sehr verändert und ist u. U. nicht mehr mit Ihren eigenen Erinnerungen an die Schulzeit zu vergleichen. Dazu kommt, dass man als Schüler ohnehin eine ganz andere Perspektive als die Lehrenden eingenommen hat ;-)
Auf der Seite Career Counselling for Teachers haben Sie die Möglichkeit, sich über die Anforderungen im Lehrerberuf zu informieren, in Erfahrungsberichten zu stöbern sowie in „Selbsterkundungsverfahren“ und „Geführten Touren“ zu prüfen, ob das Lehrerdasein das Richtige für Sie ist.
Info: Gründe für den Lehrermangel
Mögliche Gründe für den zunehmenden Lehrermangel gibt es mehrere: Der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann äußert sich zu den Ursachen des Lehrermangels wie folgt: „Bei der Besetzung offener Stellen haben Schulleitungen keine Alternative. Der Vorwurf geht an die Politik, die sich gerne hinter dem Mehrbedarf, der durch die Zuwanderung entstanden ist, versteckt. Fakt ist aber, dass die Politik jahrelang keine Vorsorge getroffen hat, sondern blind auf rückläufige Schülerzahlen gesetzt hat. Die Pensionierungswellen waren vorherzusehen, auch die durch Inklusion entstehenden personellen Anforderungen.“ (News4teachers, 5. April 2017)
Dazu kommt, dass die durch Inklusion, Ganztagesbetreuung und Integration gestiegenen Anforderungen die Entscheidung für den Lehrerberuf nicht einfacher macht.
Größere Probleme, ausreichend Bewerberinnen und Bewerber zu finden, dürften auch Bundesländer haben, in denen Lehrkräfte nicht verbeamtet werden, wie Berlin und Sachsen (hier erhalten nur Schulleiter und deren Stellvertreter den Beamtenstatus).
Thüringen hat sich deswegen nach zehn Jahren ohne der Verbeamtung von Lehrkräften zu einer Rückkehr entschlossen: Ab dem Schuljahr 2017/2018 sollen neueingestellte Lehrerinnen und Lehrer und Lehrkräfte im
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