Rechenschwäche/Dyskalkulie: Anzeichen, Ursachen, Lernhilfen
- Rechenschwäche – was ist das eigentlich?
- Rechenschwäche hat nichts mit mangelnder Intelligenz oder Fleiß zu tun
- Wie äußert sich Dyskalkulie?
- Wer hilft bei der Diagnose „Rechenschwäche“?
- Mögliche Folgen von Dyskalkulie
- Warum entwickeln manche Kinder eine Rechenschwäche?
- Was tun, wenn das Problem erkannt ist?
- Übungsmaterialien
- Häufig gestellte Fragen
Welches Fach fiel Ihnen in Ihrer Schulzeit besonders schwer?
Für 67% der Mädchen und 55% der Jungen, die Nachhilfeunterricht erhalten, ist es Mathematik. Das ergab 2007 eine Umfrage unter Nachhilfeschülern durch das Marktforschungsinstitut Synovate in Kooperation mit dem Bundesverband Nachhilfe- und Nachmittagsschulen e. V.
Rechenschwäche – was ist das eigentlich?
Zwei bis acht Prozent der Grundschüler hilft zusätzliches Üben aber nicht weiter.
Ihnen fehlt das grundlegende Verständnis für Zahlen, Mengen, Größen und mathematische Operationen. Oder anders gesagt: Sie haben ihre eigenen Rechenregeln und eine eigene Vorstellung von Zahlen entwickelt.
Durch das mangelnde oder falsche Verständnis der Grundlagen der Mathematik ist bei ihnen keine Basis vorhanden, auf der sie weiter aufbauen können. In der Fachliteratur finden sich die Bezeichnungen Dyskalkulie, Arithmasthenie, Rechenschwäche oder Rechenstörung für dieses Problem.
Während die Lese-Rechtschreibschwäche (LRS), die Legasthenie, heute den Meisten ein Begriff ist, sind die Schwierigkeiten und Ursachen von Rechenschwäche noch immer weit weniger bekannt. Anders als im Fall von LRS gibt es nach wie vor nicht in allen Bundesländern schulrechtliche Regelungen, die rechenschwachen Kindern einen Nachteilsausgleich zugestehen oder diesen nur im Fall von Grundschulkindern einräumen.
Für die Eltern betroffener Kinder ist der Grund für die Probleme häufig nicht auszumachen, da sich die Lernschwäche in Ursache und Erscheinungsform unterscheiden kann.
Umso wichtiger ist es, dass Sie als Pädagoginnen und Pädagogen schlechte Leistungen in Mathematik hinterfragen und prüfen, ob eine Rechenschwäche vorliegt!
Im Betzold Blog finden Sie zwei Beiträge von Lerntherapeutinnen, die Ihnen als Lerhkräfte Hilfestellungen bieten:
- Susanne Seyfried erläutert in ihrem Beitrag "Legasthenie und Dyskalkulie: Bewusstsein steigern und Anzeichen erkennen", wie Sie Anzeichen einer Lernschwäche erkennen. welche Hilfsangebote bestehen und wie die Kooperation von Lerntherapeuten und Lehrkräften aussehen kann.
- Marion Mohnhaupt zeigt im Beitrag "Mathe-Angst und Rechenstörung vorbeugen" was zum Beispiel beim Einmaleins-Lernen schief laufen kann und Kindern - auch ohne Dyskalkulie - den Spaß an Mathe nimmt.
Rechenschwäche hat nichts mit mangelnder Intelligenz oder Fleiß zu tun!
Auch nach über 20 Jahren der Erforschung existiert keine einheitliche Definition von Rechenschwäche. Lange Zeit nahmen Lehrkräfte und Eltern an, rechenschwache Kinder seien unbegabt, nicht fleißig genug oder weniger intelligent.
Dass dies nicht der Fall ist, zeigt aber schon ein Vergleich mit anderen Fächern: Oft werden hier durchschnittliche bis überdurchschnittliche Leistungen erzielt. Aus diesem Grund wird in der Fachliteratur von Dyskalkulie als Teilleistungsschwäche gesprochen.
Diese Diskrepanz zwischen den Leistungen in Mathematik und anderen Fächern stellt aber kein Kriterium für eine Dyskalkulie-Diagnose dar!
Hierauf weisen Rechenschwäche-Forscher wie Hans-Dieter Gerster, Michael Gaidoschik oder Hans Grissemann hin. Untermauert wird ihre Position durch die Ergebnisse einer Studie, die Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München 2014 veröffentlichten: 57% der teilnehmenden Kinder mit Rechenschwäche hatten auch große Probleme mit dem Lesen oder Schreiben bzw. beiden Ausprägungen der Legasthenie.
Wichtig ist eine fachkundige Förderung
Alle Schüler mit mathematischen Lernschwierigkeiten benötigen eine entsprechende Förderung – Defizite in anderen schulischen Bereichen dürfen dabei kein Ausschlusskriterium darstellen.
Auch Dr. Kristina Moll, die als Psychologin an der Studie mitarbeitete, verweist auf die Folgen, die drohen, wenn Kinder mit mehreren Lernschwächen durch das Raster fallen: „Die betroffenen Kinder brauchen eine intensive und spezifische Förderung, sonst eben besteht die Gefahr des schulischen Scheiterns, trotz guter Begabung.“
Das macht das Erkennen von Rechenschwäche für Sie und die Eltern nicht einfacher und ist ein Appell an Sie, allen Kindern mit Rechenschwierigkeiten unabhängig von anderen Leistungen die gleiche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen!
„Störung“ oder „besondere Schwierigkeiten im Rechnen“
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ordnet Dyskalkulie in ihrer Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD 10 – F81.2) unter den psychischen Störungen als „umschriebene Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten [ein], die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung oder eine eindeutig unangemessene Beschulung erklärbar“ ist.
Dabei seien besonders die Grundrechenarten betroffen, weniger „die höheren mathematischen Fertigkeiten“. Bei LRS und Dyskalkulie handle es „sich um Störungen, bei denen die normalen Muster des Fertigkeitserwerbs von frühen Entwicklungsstadien an gestört sind“.
Die oben genannte Kritik an Diskrepanz-Definitionen betrifft auch die Haltung der WHO, die sowohl Kinder, die unangemessen unterrichtet werden wie auch Kinder mit schwachen IQ-Werten ausschließt.
Für andere Wissenschaftler, wie u.a. Wolfram Meyerhöfer, Professor für die Didaktik der Mathematik an der Universität Paderborn, ist gerade die Bezeichnung als „Störung“ das eigentlich Störende an dieser Definition: Er spricht stattdessen von „besonderen Schwierigkeiten im Rechnen“.
Er lehnt es ab, anzunehmen, dass die betroffenen Kinder an einem Defekt oder einer Krankheit leiden, die es ihnen unmöglich mache, rechnen zu lernen. Für ihn liegen die Lösungen zum einen im Mathematikunterricht, der sich zu sehr auf die Vermittlung von Techniken beschränke und zu wenig darauf, warum diese funktionieren.
Das gesamte Interview von Prof . Meyerhöfer mit bildungsklick.de finden Sie hier.
Unzweifelhaft ist aber, dass es sich bei einer Rechenschwäche genau wie bei LRS um ein Problem handelt, das die Entwicklung von Schülern nachhaltig negativ beeinflussen kann und deshalb ernst genommen werden muss!
Sind Eltern und Sie als Lehrerinnen und Lehrer aufmerksam und erkennen die Gründe für die Schwierigkeiten frühzeitig, kann eine spezielle Förderung des Kindes eine Verbesserung des Verständnisses für Mathematik erzielen.
Wie äußert sich Dyskalkulie?
Die Schwierigkeiten werden häufig bereits in der ersten Klasse beim Übergang vom zählenden Rechnen zur Anwendung von nichtzählenden Strategien deutlich. Hier können rechenschwache Kinder kaum mehr folgen und scheitern beim Rechnen im Zahlenraum über 20.
Erste Anzeichen wie Probleme mit der räumlichen Orientierung, keine Lust Puzzles zu legen oder mit Legosteinen zu spielen, können sich aber schon früher zeigen.
Hat einer Ihrer Schüler in mehreren der im Folgenden aufgelisteten mathematischen Bereichen Schwierigkeiten, könnte Rechenschwäche die Ursache sein. Auch bei nicht rechenschwachen Kindern können einzelne Phänomene auftreten, meist aber nur für eine begrenzte Zeitspanne.
Die Ausprägung einer Rechenschwäche unterscheidet sich von Kind zu Kind: Die Schwierigkeiten müssen nicht in allen Bereichen auftreten und können unterschiedlich stark entwickelt sein. Bei der Aufzählung handelt es sich um Anhaltspunkte, die eine Diagnostik durch Experten nicht ersetzt, aber den Blick für die Problematik schärfen soll:
-
Mangelndes Zahlenverständnis:
Mengen können nicht erfasst werden, Zahlendreher, Schwierigkeiten beim Vorwärts- und Rückwärtszählen
-
Fehlende zeitliche und räumliche Orientierung:
Zeitangaben können nicht bestimmt werden (vorher-nachher, kürzer-länger …); Schwierigkeiten beim Unterscheiden von rechts und links
-
Probleme bei den Grundrechenarten:
Nur zählendes Rechnen ist möglich, Fingerrechnen, verwechseln von plus und minus, Rechenfehler um plus oder minus „eins“, Schwierigkeiten beim Lernen des Einmaleins
-
Schwierigkeiten bei Vergleichen:
größer-kleiner, mehr-weniger, höher-niedriger …
-
Fehlendes Verständnis für mathematische Aufgabenstellungen:
Inhalte von Textaufgaben können nicht erfasst werden, Bevorzugung von schriftlichen Lösungsverfahren auch bei simplen Aufgaben, mehrteilige Aufgaben werden nicht erfasst
Auch im Lernverhalten der Kinder können Sie Auffälligkeiten feststellen:
- Gelerntes wird schnell wieder vergessen
- Hoher Zeitaufwand für Mathematikhausaufgaben
- Bei mehrteiligen Aufgaben wird die Zielsetzung aus den Augen verloren
- Auswendiglernen statt Verstehen
- Häufig helfen die Eltern bei den Hausaufgaben in Mathematik und geraten aufgrund der angespannten Situation leicht in Streit mit ihren Kindern
Wer hilft bei der Diagnose „Rechenschwäche“?
Wenn Sie eine Rechenschwäche bei einem Ihrer Schüler vermuten, können Sie den Eltern raten, sich an die schulpsychologischen Beratungsstellen oder den Kinderarzt zu wenden. Über diese Stellen können Sie Kontakte zu speziellen Rechenschwäche-Einrichtungen oder ausgebildeten Lerntherapeuten herstellen, um eine Diagnose zu stellen.
Leider ballen sich die Einrichtungen zur Therapie von Rechenschwäche in den größeren Städten. Im ländlichen Bereich müssen auch heute noch weite Wege zu guten Lerntherapeuten in Kauf genommen werden.
Zudem entstehen hohe Kosten für die Eltern: Da das Kind in der Regel einzeln unterrichtet wird, können für die Therapie mehrere hundert Euro pro Monat anfallen.
Bei einer Lerntherapie handelt es sich um eine Eingliederungshilfe (§ 35a SozGB VIII). Die Eltern können eine Kostenübernahme durch das Jugendamt beantragen. Leider wird diese oftmals nicht bewilligt.
Mögliche Folgen von Dyskalkulie
Oft wirken sich die Probleme in Mathematik auf das allgemeine Verhalten des Kindes aus: Bedingt durch die ständigen Misserfolge entwickeln sie häufig Angst vor dem Fach Mathematik oder der Schule insgesamt. Sie verlieren auch in anderen Fächern die Lust am Üben, wodurch die Leistungen weiter sinken.
Mit der Zeit leidet auch das Selbstbewusstsein unter dieser Situation. Während einige Kinder eher verunsichert und bedrückt sind oder sogar depressive Verstimmungen auftreten, reagieren andere aggressiv oder überspielen die Probleme mit überdrehtem Verhalten oder Clownereien.
Angst und Überforderung können auch psychosomatische Störungen verursachen (Kopfschmerzen, Bauchweh, Schlafstörungen …). Erhalten betroffene Schüler keine Unterstützung, kann die Rechenschwäche langfristig ernsthafte psychische Folgen haben und sich durch verpasste oder schlechte Schulabschlüsse negativ auf eine spätere berufliche Laufbahn auswirken.
Warum entwickeln manche Kinder eine Rechenschwäche?
Die Frage nach dem „warum“ kann die Forschung noch immer nur hypothetisch beantworten. Eindeutige Ursachen konnten bisher nicht benannt werden.
Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass eine Kombination mehrerer Faktoren mit Wechselwirkungen zueinander zum Auftreten einer Rechenschwäche führen kann:
Genetische Faktoren
Studien zeigen ein verstärktes Auftreten von Dyskalkulie unter Verwandten. Allerdings gelang bisher kein Nachweis für eine Vererbung. Möglicherweise muss man auch in Betracht ziehen, dass rechenschwache Eltern ihren Kindern ungewollt eine negative Haltung gegenüber der Mathematik vermitteln.
Neuropsychologische Faktoren
Sehr stark vereinfacht gesagt, sehen einige Forscher Anzeichen dafür, dass bei rechenschwachen Kindern das Zusammenspiel der verschiedenen Regionen des Gehirns nicht reibungslos funktioniert. Zum Verständnis von Zahlen, Mengen oder für die Anwendung der Grundrechenarten ist dies aber unabdingbar. Doch auch hier existieren bisher keine wissenschaftlichen Belege für einen Zusammenhang mit Dyskalkulie.
Entwicklungspsychologische Faktoren
Dem Entwicklungspsychologen Jean Piaget folgend wird angenommen, dass Aufbau und Verinnerlichung von Zahlbegriff und mathematische Operationen in vier Phasen abläuft (Handlung mit konkretem Material, Bildliche Darstellung, Symbolische Darstellung, Automatisierung im Symbolbereich). Wird eine Phase nicht verstanden, können darauf folgende nicht erreicht werden. Sind Kinder entwicklungsbedingt beim Lernen neuer mathematischer Operationen nicht in der Lage, den Stoff schnell genug zu verinnerlichen, geraten sie in Rückstand und entwickeln Defizite, die zu einer Rechenschwäche führen können.
Familiäre/sprachliche Faktoren
Probleme in der familiären Beziehung können genauso hinderlich sein wie sprachliche Defizite. Mathematische Ausdrücke sind knapp und präzise. Für ihr Verständnis muss ihre Bedeutung im mathematischen Zusammenhang klar sein.
Schulische Faktoren
Ein veränderter Unterrichtsstil und neue Methoden durch den Wechsel von Lehrkräften können sich negativ auf rechenschwache Schüler auswirken. Auch ein schnelles Voranschreiten im Unterrichtsstoff ohne ausreichendes Eingehen auf das Zahlenverständnis kann sich negativ auswirken. Schwierig zu verstehen sind auch abstrakte Darstellungen bei zu wenigen praktischen Übungen.
Was tun, wenn das Problem erkannt ist?
Zeigt sich, dass ein Schüler eine Rechenschwäche hat, stellt sich die Frage nach geeigneten Hilfestellungen. Da sich die Ausprägung der Rechenschwäche von Kind zu Kind unterscheidet, muss auch die Förderung auf die spezifischen Schwierigkeiten abgestimmt werden – Rechenschwäche erfordert deshalb eine individuelle Förderung.
Diese kann in Form einer außerschulischen Lerntherapie erfolgen. Meist handelt es sich dabei um eine Einzel- oder Partnertherapie mit zwei Kindern.
Eine Therapie setzt am jeweiligen Stand und den Fehlerschwerpunkten des Kindes an. Die Denkstrategien der rechenschwachen Kinder zur Lösung mathematischer Aufgaben werden einer Prüfung unterzogen, mit dem Ziel, dass das Kind verstehen kann, warum sie zu falschen Ergebnissen führen. Das mathematische Denken des Kindes muss von Grund auf neu aufgebaut werden.
Zwar erfolgt das Lernen nur in kleinen Schritten, aber jeder dieser kleinen Schritte kann mit einem Erfolg abgeschlossen werden, was das Selbstbewusstsein der misserfolgsgewöhnten Schüler langsam wieder stärken soll. Die Erfolgsaussichten einer Therapie von Rechenschwäche sind gut. Dabei gilt: Je früher Maßnahmen ergriffen werden, desto besser.
Die Lerntherapeuten stehen im Idealfall im Austausch mit den Mathematik-Lehrerinnen oder –Lehrern sowie den Eltern. Eine gute Zusammenarbeit ist für den Therapieerfolg maßgeblich. Dies fördert auf Lehrer- und Elternseite Verständnis für die Schwierigkeiten der Kinder. Für die Lerntherapeuten ist der Informationsaustausch wiederum hilfreich, um die Therapie besser auf das Kind abstimmen zu können.
Wichtig ist, dass Eltern keinen Druck durch die Erwartungshaltung an gute Schulnoten ausüben, sondern stattdessen seine Stärken betonen und so für den nötigen Rückhalt sorgen.
Dem Kind muss verständlich gemacht werden, dass eine Rechenschwäche nichts mit Dummheit oder Faulheit zu tun hat! Bis die Rechenschwäche besiegt ist, ist ein langer Weg zu gehen. Deshalb gilt: Feiern Sie auch kleine Erfolge!
Übungsmaterialien
In der Schulzeit können Sie (und zuhause die Eltern) betroffene Kinder mit speziellen Übungsmaterialien fördern. Richtig eingesetzt, bieten sie eine Hilfe, Zahlen und mathematische Operationen zu verstehen und zu verinnerlichen.
Sie sollen helfen, die mathematischen Handlungen zu visualisieren, also gewissermaßen in Bilder zu übersetzen. Das Üben sollte stressfrei und in nicht zu langen Einheiten ablaufen – die Erfolgserlebnisse sind auch hier ausschlaggebend.
Die Materialien sind aber keine Wundermittel: Gerade für rechenschwache Kinder erschließt sich ihre Funktion nicht von selbst!
Material zur Förderung bei Dyskalkulie
In der Betzold Beratung erhalten Sie eine übersichtliche Zusammenstellung passender Übungsmaterialien:
Die Kinder benötigen Hilfe, die Strukturen zu erfassen, damit sie sie tatsächlich als Veranschaulichung verstehen können. Bei der Arbeit mit den verschiedenen Materialien sollte deshalb immer wieder hinterfragt werden, welche Denkstrukturen das Kind anwendet. Wenn es die neuen Hilfsmittel wieder zum Abzählen nutzt, bringt dies keine Fortschritte. Besonders gut geeignet sind deshalb Materialien, die zählende Strategien nicht fördern.
Für rechenschwache Kinder sind Zahlen häufig abstrakt und voneinander unabhängig – ähnlich wie Hausnummern. Sie verstehen nicht, dass Zahlen in der Mathematik voneinander abhängen und in Beziehung zueinander stehen.
Geeignetes Anschauungsmaterial kann verdeutlichen, welche Mengen hinter den Zahlen stehen. Es hilft den Kindern, nicht mehr auf zählendes Rechnen zurückgreifen zu müssen. Besonders gut eignet sich Material, das die Fünfer- und Zehnergliederung, mit der viele rechenschwache Kinder Probleme haben, sichtbar macht:
Rechen- oder Wendeplättchen:
Wendeplättchen eignen sich besonders in Kombination mit Rechenleisten. Diese geben den Plättchen eine Struktur – meist sind es Fünfer- der Zehnerrechenleisten – damit die Mengen deutlich werden und kein zählendes Rechnen gefördert wird. Von Vorteil ist außerdem, dass die Punktform sich gut zur Übertragung in zeichnerische Darstellungen eignet. Oft gleichen die Abbildungen in den Mathematik-Lehrbüchern bereits den Plättchen.
Hier haben wir für Sie Ideen für erste Übungen mit Wendeplättchen, Steckwürfel, Rechenkette und Schüttelbox zusammengestellt:
Cuisenaire-Material:
Beim Arbeiten mit dem Cuisenaire-Material, je nach Länge unterschiedlich gefärbte Stäbchen, kommt man aufgrund einer fehlenden Untergliederung gar nicht erst in die Versuchung zu zählen. Mit den Stäbchen können die Schüler beispielsweise Längen vergleichen oder zeigen, wie eine Zahl in zwei Summanden zu zerlegen ist.
Hundertertafel:
Eine Hundertertafel eignet sich, um die Orientierung im Zahlenraum bis 100 zu schulen. Hier sehen die Kinder auf einen Blick, wo z.B. die Zahl 73 einzuordnen ist, welche Zahlen größer oder kleiner sind und direkt davor und dahinter stehen. Die Anordnung in Zehnerschritten erleichtert dabei den Überblick.
Dienes-Material:
Noch anschaulicher wird es durch den Einsatz von Dienes-Zehnersystemblöcken: Mit Hilfe von Einerwürfeln, Zehnerstangen, Hundertertafeln und Tausenderblöcken kann beispielsweise die Zahl 73 in ihrer Zusammensetzung aus Zehnerstangen und Einerwürfeln (be-)greifbar gemacht werden. Die Zahlen werden als Mengen darstellbar und die Kinder können „Vorstellungsbilder“ zu den Zahlen entwickeln.
Rechenketten:
Bei den Rechenketten sind immer 5 oder 10 Perlen in derselben Farbe aufgereiht. Es gibt sie mit 20 oder 100 Perlen. Die Kinder lernen die gleichfarbigen Perlen simultan als Menge von 5 (oder 10) zu erfassen und sich dadurch langsam vom zählenden Rechnen zu lösen. Die Rechenkette hilft auch dabei, zu verstehen, dass jeder Zahl eine bestimmte Menge zugeordnet ist. Die Lernhilfen können auch einfach selbst gemacht werden: Rechenketten basteln.
Weitere Lernmaterialien, die helfen, Zahlen und Rechenvorgänge zu visualisieren:
Im Schnitt ist für einen Grundschüler in jeder Schulklasse Mathematik ein Buch mit sieben Siegeln. Wird die Lernschwäche jedoch früh erkannt, haben diese Kinder dank spezieller Therapien und Übungsmaterialien gute Chancen, dem Unterricht wieder selbstständig folgen zu können und einen guten Schulabschluss zu machen.
Häufig gestellte Fragen
Was ist Dyskalkulie/Rechenschwäche?
Kindern mit Dyskalkulie fehlt das grundlegende Verständnis für Zahlen, Mengen, Größen und mathematische Operationen. Die WHO erkennt Dyskalkulie als Krankheit an und ordnet sie unter den psychischen Störungen als „Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten [ein], die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung oder eine eindeutig unangemessene Beschulung erklärbar“ ist.
Wie äußert sich eine Dyskalkulie?
- Mangelndes Zahlenverständnis
- Fehlende zeitliche und räumliche Orientierung
- Probleme bei den Grundrechenarten
- Schwierigkeiten bei Vergleichen
- Fehlendes Verständnis für mathematische Aufgabenstellungen
Was tun bei Rechenschwäche bei Kindern?
Eine erste Anlaufstelle sind die schulpsychologischen Beratungsstellen oder der Kinderarzt. Über diese Stellen können die Eltern Kontakte zu speziellen Rechenschwäche-Einrichtungen oder ausgebildeten Lerntherapeuten herstellen.
Besteht die Möglichkeit eines Nachteilsausgleichs?
In einigen Bundesländern bestehen schulrechtliche Regelungen, wobei diese derzeit nur in Mecklenburg-Vorpommern für alle Schulklassen gelten. In sieben weiteren Bundesländern ist ein Nachteilsausgleich (In Prüfungen: z. B. Hilfsmittel, mehr Zeit, angepasste Aufgaben, Aussetzung der Benotung), nur für Grundschulkinder verankert.
Weiterführende Links
Ferdinand-Porsche-Str. 6
73479 Ellwangen
E-Mail: [email protected]
Datenschutz
Impressum
Cookies
Ferdinand-Porsche-Str. 6
73479 Ellwangen
E-Mail: [email protected]
Impressum
Datenschutz
Cookies