Tanja Bellinger ist seit rund 15 Jahren als Mittelschullehrerin in Bayern tätig. Seit 18 Jahren beschäftigt sie sich mit Themen rund um den Hund und leitete früher ihre eigene Hundeschule in München. Deshalb lag es nahe, ihre Leidenschaft zum Hund auch mit ihrem Beruf zu verbinden. Gemeinsam mit einer Hundetrainerin bietet sie Ausbildungskurse für Schulhund-Lehrkräfte im Südwesten Bayerns an.
Mehr über Tanja Bellinger und ihre Arbeit mit ihrer Hündin Polly finden Sie auf ihrem Instagram-Kanal: www.instagram.com/polly._.power/
Ausbildung und Arbeit mit dem Schulhund: hundgestützte Intervention im Unterricht
Nicole Lienemann - stock.adobe.com
Dieser Beitrag ist Teil der fünfteiligen Reihe "Ausbildung und Arbeit mit dem Schulhund".
Der Einsatz von Schulhunden erfreut sich immer größerer Beliebtheit, und Studien belegen, wie gewinnbringend die hundgestützte Intervention sein kann. Auch in meinem Unterricht an einer Grund- und Mittelschule kommen Schulhunde gerne zum Einsatz.
Im aktuellen Schuljahr bilde ich auch meine Hündin Polly zur Schulhündin aus und leite gemeinsam mit einer zertifizierten Hundetrainerin einen Ausbildungskurs für Lehrerinnen und Lehrer im Südwesten Bayerns. Als aktive Schulhund-Lehrkraft und ehemalige Hundetrainerin, möchte ich Ihnen in insgesamt fünf Blogbeiträgen einen Einblick in die Ausbildung und Arbeit mit Hunden im Schulalltag geben.
Tiergestützte Intervention
Unter tiergestützter Intervention (TGI) sind grundsätzlich alle Handlungen im pädagogischen oder auch therapeutischen Rahmen gemeint, bei denen Tiere unterstützend eingesetzt werden. Die wohl am häufigsten eingesetzten Tiere sind Hunde, Pferde und Esel. Im schulischen Kontext sind Hunde beispielsweise als Klassen- oder Lesehunde aktiv und begleiten eine qualifizierte Lehrkraft in den Unterricht.
Fünf Merkmale für eine gelingende Schulhundarbeit
Die Arbeit mit einem ausgebildeten Schulhund fußt im Großen und Ganzen auf fünf Bausteinen:
Der Weg zum eingespielten, alltagstauglichen und entspannten Mensch-Hund-Team ist bekanntermaßen auch ohne zusätzlichen „Job“ für Hund und Mensch schon ein langwieriger und nicht selten steiniger Weg. Für die Arbeit mit dem eigenen Tier im Rahmen des Unterrichts, bedarf es aber mehr als dem üblichen „Sitz, Platz, Bleib“.
Es gilt
- die Beziehungsstrukturen zwischen Hund und Halter bzw. Halterin genau zu prüfen,
- körpersprachliches Arbeiten zu etablieren,
- die Klasse und das Kollegium an den Umgang heranzuführen,
- sich vertieftes Wissen im Bereich Kynologie (Wissenschaft vom Hund) anzueignen und auch
- tierschutz- sowie schulrechtliche Aspekte immer genau im Blick zu haben.
Auch sollte stets über den Sinn und Unsinn von Schulhundeinsätzen reflektiert werden. Eine fundierte und gut angeleitete Ausbildung ist daher unabdingbar. Den Hund „mal eben schnell mitzunehmen“ hat nichts mit guter Schulhundarbeit zu tun, und es bedarf deutlicher Mehrarbeit, um aus einem Alltagsbegleithund auch einen Schulbegleithund zu machen.
Wie finde ich eine gute Ausbildung?
In den „Richtlinien für Sicherheit im Unterricht“ (RiSU, Bayern 2019) ist vorgeschrieben, dass der Einsatz eines Schulhundes nur „im aus- bzw. weitergebildeten Mensch-Hund-Team“ erfolgen darf. Konkretisiert wird dies leider nicht, sodass viele Lehrkräfte bereits hier viele Fragen im Kopf haben.
Aber so viel ist sicher: Ein erfolgreich abgelegter Hundeführerschein ist keine ausreichende Qualifikation für angehende Schulhunde. Dieser kann eine Orientierung bieten und den Halter/die Halterin motivieren, zielführend mit dem eigenen Hund zu arbeiten; aber grundsätzlich umfasst ein Hundeführerschein nur in Ansätzen das, was von einem guten Schulhund-Team erwartet wird.
Vom Veterinäramt ist übrigens nicht vorgegeben, welcher Hundetrainer bzw. -trainerin auch qualifiziert genug ist, um die besondere Aufgabe der Ausbildung von Lehrkräften und ihren Hunden anzubieten. Im Grunde genügt die übliche Zertifizierung nach §11 des Tierschutzgesetztes. Einige Hundeschulen schließen Kooperationen mit aktiven Schulhund-Lehrkräften und bilden ihre „Azubis“ gemeinsam aus. So können beide, Hundetrainer bzw. -trainerin und Lehrkraft, ihre jeweiligen Kompetenzen in den Kurs einbringen.
Bei der Wahl der Hundeschule sollten Sie auf folgende Aspekte unbedingt achten:
- Fühle ich mich als Mensch mit den Dozenten wohl? Werden meine Anliegen ernst genommen und herrscht ein wertschätzender Umgang?
- Passen die gewählten Trainingsmethoden zu mir und meinem Hund? Bezieht der Trainer/die Trainerin dabei verschiedene Möglichkeiten sowie grundlegende Aspekte der Lerntheorien mit ein?
- Umfasst das vermittelte Wissen und Know-how alles, was für meine Arbeit mit meinem Schulhund wichtig ist? Achten Sie hier auf Transparenz vor der Anmeldung. Vielleicht gibt es auch die Möglichkeit, sich vorab kennenzulernen und an Trainings teilzunehmen.
- Ist der Anteil an theoretischen und praktischen Ausbildungsabschnitten sinnvoll abgestimmt?
- Gehen die Dozenten auf Schwierigkeiten, Unsicherheiten oder individuelle Trainingsaspekte ein? Nicht jeder Hund lernt gleich (schnell).
Eine gute Schulhundausbildung kostet neben viel Zeit auch Geld, im Schnitt 1.500 €. Dazu kommen noch
- Tierarztkosten für zusätzliche Untersuchungen (siehe RiSU),
- spezielles Unterrichtsmaterial für Schulhundstunden oder auch
- zusätzliche Trainingsstunden, sollte man auf Einzeltraining zurückgreifen müssen.
All dies gilt es zu berücksichtigen, bevor man sich für eine Ausbildung anmeldet. Und besonders wichtig: Ist für die Betreuung meines Hundes gesorgt, auch wenn er nicht mit in den Unterricht kommt (z. B. bei Krankheit, Läufigkeit oder, wenn die Klasse sich nicht für den Umgang eignet)? Nicht selten kommt es leider vor, dass Hunde aus einem Betreuungsproblem heraus mit in den Unterricht genommen werden, was natürlich nicht Sinn und Zweck von Schulhundarbeit sein darf.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Ausbildung?
Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, aber auch hier gilt die Empfehlung, dass der Hund bei Abschluss der Ausbildung mindestens 18 Monate alt sein soll. Das Junghundealter zieht sich aber in vielen Fällen noch bis in das dritte Lebensjahr hinein, weshalb hier gut abzuwägen ist, was der einzelne Hund tatsächlich schon leisten kann.
Die Pubertät des Hundes ist aus neurobiologischer Sicht eine Zeit, in der Umbauten im Gehirn stattfinden und Gelerntes erst (neu) gefestigt werden muss. Es braucht hier ein gutes Gespür dafür, was für den Hund in dieser Phase überhaupt leistbar ist und wo Grenzen liegen.
Im ersten Moment macht man sich sicherlich Gedanken über den richtigen Zeitpunkt für den Hund. Aber mindestens so wichtig ist die aktuelle Lebens- und Unterrichtssituation der Lehrkraft. Ich würde immer empfehlen, zunächst einige Jahre Berufserfahrung (nach dem Referendariat) zu sammeln, bevor man sich an die Schulhundarbeit wagt. Nur eine geübte und souveräne Lehrkraft, kann für den Hund im Unterricht gleichzeitig auch Orientierung und Sicherheit bieten. Wer im Unterricht strauchelt (was viele nachvollziehbare Gründe haben kann und nicht verurteilt werden sollte), sollte sich und dem Hund den Gefallen tun, und die Schulhundarbeit erst mal hintanstellen. Auch mit erwachsenen Hunden kann man noch die Ausbildung zum Schulhund absolvieren.
Sie merken sicher schon, dass die Thematik Schulhund vielschichtiger ist, als man zunächst denkt. Ich freue mich darauf, Sie im nächsten Blogbeitrag über weitere wichtige Informationen und Hintergründe aufzuklären.
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